Das Rituelle Wässern der Bodies
Nachdem der Korpus der Gitarre jetzt in seiner finalen Form steht, kann das „Formentera-Ritual“ durchgeführt werden: Baden gehen mit Gitarre! Allerdings nicht intim zu zweit mit Holz und Mensch sondern mit der ganzen Truppe. Hierfür treffen wir uns bei Ekki zu hause und nutzen den in der Nähe liegenden Strand zum Taufen der Bodies. Bruno hat in freudiger Erwartung natürlich gleich wieder blank gezogen.
Abgesehen vom Rituellen hat die Aktion auch einen praktischen Hintergrund. Durch das Wässern stellen sich nämlich die Holzfasern auf und man kann nach dem Trocknen erneut mit feinem Sandpapier drüber gehen. Das haben wir dann am Folgetag noch einmal etwas unromantischer mit einem nassen Schwamm wiederholt. Nach dem (vorläufig) letzten Schleifen war der Korpus schließlich so glatt wie ein Babypopo.
Theorie: der Draht, aus dem die Pickups sind
Nach der Bade-Aktion stand Pickup-Theorie auf Ekkis Veranda auf dem Stundenplan. Ich erspare mit jetzt die allgemeinen Ausführungen zur Elektronik und was der Magnet mit den Saiten macht. Hier gibt es anderswo ausführliche Quellen. Mich interessiert hier nur, was für meine Les Paul wichtig ist. Und das wäre folgendes:
Les Paul Gitarren haben zwei Pickups in „Humbucker“ Bauform. Jeder Pickup (kurz: PU) besitzt zwei Spulen, die miteinander verbunden sind. Zum Vergleich besitzt eine Fender Stratocaster drei PUs, die jeweils nur aus einer Spule bestehen („Singlecoil“). Dadurch das Verbinden zweier Spulen beim Humbucker wird erreicht, dass zum einen das Signal stärker ist und man an Röhrenverstärkern schneller Verzerrungen erzeugt. Zum anderen rauschen oder brummen diese Tonabnehmer kaum. Leider geht die Verschaltung der beiden Spulen zu Lasten der hohen Frequenzen, weshalb ein Humbucker Pickup immer etwas dumpfer als ein Singlecoil Pickup klingt. Mein Ziel ist also, einen Humbucker mit möglichst vielen Höhen zu bauen. Hierbei ist mir besonders der Hals PU wichtig, denn dieser erklingt aufgrund seiner Position immer dumpfer als der PU an der Brücke (rechts, hinten).
Die folgenden Merkmale beeinflussen den Klang eines Pickups:
- Anzahl der Wicklungen des Drahts auf der Spule. Je mehr Windungen, desto mehr Output. Weniger Wicklungen ergibt weniger Output aber mehr Höhen. Also wird mein PU eher wenige Wicklungen haben. Hals = 4000, Bridge = 6000.
- Dicke des verwendeten Drahts. Je dünner/feiner der Draht ist, desto enger liegen die Wicklungen auf der Spule nebeneinander. Das erzeugt mehr Output aber kostet Höhen. Also wird mein Hals PU mit Draht von 0,063 mm (Gibson Standard) und der Steg PU mit 0,056 mm (eher Richtung Fender) gewickelt werden.
- Isolierung. Der Draht ist immer mit einer ultradünnen Schicht isoliert, damit der Strom auch brav durch alle Wicklungen fließt und nicht die Abkürzung quer durch die Spule nimmt. Je dicker die Isolierung, desto weiter auseinander liegen die Drähte und mehr Höhen bleiben erhalten. Daher habe ich mich beim Hals PU für eine doppelte Isolierung entschieden und beim Bridge PU für eine einfache.
- Die fertigen PUs haben keine Kappe aus Blech, wie das bei den meisten Humbuckern üblich ist. Diese könnte ich nachträglich noch draufsetzen, sie würde aber wieder ein wenig hohe Frequenzen kosten und ist daher für mein Vorhaben kontraproduktiv.
Praxis: Pickups selber Wickeln
Das Herstellen der PUs erfolgt auf einer selbst gebastelten Wickelmaschine. Der noch leere Spulenkörper aus Kunststoff wird an einer Drehscheibe montiert und mit dem Draht von der Rolle verbunden. Mit einem Fußschalter kann man jetzt die Geschwindigkeit steuern, mit der sich der Draht aufwickelt. Während die Maschine fleißig dreht, bewegt man den Draht mit Hilfe einer kleinen Führung unter voller Konzentration von links nach rechts. So verteilt sich der Draht einigermaßen gleichmäßig auf der Spule, wenn er nicht zwischendurch abreißt. Das tut er gerne, da eine kleine Unachtsamkeit oder nachlassende Drahtspannung schnell zum Exitus führen. Durch diese Unregelmäßigkeiten in der Führung entsteht der „magische“ Sound von selbst gewickelten Pickups, sagt man. Na ja, Gitarristen haben bekanntlich eine Schwäche für alles Altertümliche und verbinden einfache Technik gern mit Voodoo… Wie dem auch sei, das Resultat ist mehr als Hervorragend, wie ich später feststellen konnte.
Die fertigen PUs haben rein messtechnisch gesehen folgende Werte (pro Spule):
- Hals PU = 3,2 KOhm
- Bridge PU = 6 KOhm
Diese Werte sind an und für sich nicht sehr aussagefähig. Sie geben nur einen vagen Hinweis in die erwartete Sound-Richtung. Schließlich kann niemand anhand der Werte feststellen, wie und womit die PUs gewickelt wurden und wie sich das auf den Sound auswirkt.