Abends vor der Fonda Pepe trifft sich die Dorfjugend. Naja, also diejenigen, die eben noch hier sind, wenn die Touristensaison noch nicht begonnen hat aber der Winter schon herum ist. Die Fonda ist eigentlich ein Restaurant, welches im vorderen Bereich eine Bar ist und die auf der Fußgängerzone davor nach belieben ausgedehnt werden kann.
Dort trifft man dann solche illustren Persönlichkeiten wie den Bruder der Dorflehrerin oder einen blondschopfigen Schweizer, welcher hier seit 20 Jahren als Hobby-Fischer arbeitet. Allerdings arbeitet er nicht gerade gewinnorientiert. Das heißt, er fischt mit der Angel und wirft die Fische, die ihm Leid tun wieder ins Wasser. Er spielt auch noch gerne Gitarre und zwar im Hank Williams Stil. Nachdem ich meinte, das musikalische Niveau der Insel wäre ja ziemlich hoch (siehe unseren Ausflug nach San Francesc), meinte er nur, dass dem nicht so wäre. Er hatte einmal die Ehre, beim Gitarristen von Prince eingeladen worden zu sein und hält sich seitdem für unsterblich. Davon abgesehen, erzählt er übersetzte Blondinenwitze, die auf Englisch jede möglicherweise einmal vorhandene Komik verloren haben. Und mit Ekki kann er gar nicht, da dieser es wagte, irgendwo einmal seinem Hundchen Kiko etwas Wasser ins Weinglas eines Gastgebers zu füllen. Also, für den Hund. Man merkt, die Insel ist klein. Und was die 8.000 Einwohner im Winter so umtreibt, wenn die 30.000 Touristen fehlen, will man gar nicht wissen.
Im Macondo hatte sich etwas früher am Abend noch ein etwas verwirrt sprechender Amerikaner mit an unseren Tisch gesetzt. Er ist Maler, aber seine Story drehte sich im Wesentlichen um eine Brille, die er sich selbst gebastelt hat. Sie wird an den Bügeln hinterm Ohr durch eine feste Verlängerung verbunden. Dafür kann sie vorne zwischen den Gläsern auseinander gebrochen werden. Die pure Ästhetik. Ein verkanntes Genie, der Mann.
Dann gibt es noch Gert, einen deutschen Ex-Schreiner, welcher jetzt genug Geld beiseite gelegt hat, um in Dänemark seine eigene Gitarrenproduktionswerkstatt aufzubauen. Er hat früher zwei Kurse bei Ekki besucht, ist mehr oder weniger Dauergast in der Casa Ekki und fühlt sich nun topfit im Gitarrenbau. Da er seinen Rückflug verpennt, äh, verpasst hat, ist er jetzt noch eine Woche hier und erkundschaftet die Insel mit dem Fahrrad. Dummerweise wurde ihm neulich selbiges Rad geklaut, mit welchem wir anderen eigentlich schon fest gerechnet hatten. Übrig blieb die Schrottmühle, mit der ich dann herumgurken durfte. Ein echter Spezialist also, aber sehr nett. Ich bin mir sicher, er wird die Gitarrenwerkstatt in Dänemark ganz im Stil von Ekki führen…
Dann habe ich mir innerhalb von zwei Wochen jetzt schon den zweiten Schnupfen eingefangen, weil dieser fiese Wind trotz der intensiven Sonne einfach nicht wärmer werden will. Dazu kommt noch die kalte Zelle, in der ich im Hostal Pepe schlafe. Netterweise hat mir das Zimmermädchen eine zweite Decke ins Bett gelegt. Bis jetzt hatte ich mich mit dem Strandhandtuch beholfen. Ach ja, und warmes Wasser gibt es jetzt auch mittlerweile, was morgens beim Duschen den Unterschied macht und die Körpertemperatur wieder auf Normalmaß bringt.